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Sahara Geiseln

ein Kommentar zu den Sahara-Geiseln 2003 ...

Cottbuser per Motorrad auf Wuestentour

Ein Lausitzer gehoert zur kleinen Szene der Sahara-Fahrer / Risiken werden durch gute Vorbereitung minimiert

Sein Gesicht wird schlagartig nachdenklich, wenn er ueber das Geiseldrama in der algerischen Sahara spricht. Der Cottbuser Falk Schmal ist ein Wuestenfahrer wie die Abenteuer-Touristen, die jetzt auf ihre Befreiung in den Telmrik-Bergen hoffen. Er haette auch unter ihnen sein koennen. Schmal hatte fuer seine naechste Reise die Tour ueber die Graeberpiste noerdlich des Hoggar-Gebirges geplant, auf der die Wuestenfahrer verschwanden. Unter den Geiseln ist ein guter Bekannter von ihm.

Eine Herausforderung ist fuer Motorradfahrer eine Tour in die Sahara – hier eine Gruppe, in der der Cottbuser Falk Schmal mitgefahren ist.

Wie dieser ist Schmal Mitglied im losen Verein der «Freunde der Africa-Twin» . Die Honda Africa-Twin ist eine von Sahara-Fahrern gern benutzte schwere Reise-Enduro Maschine. So schnell wird sein Motorrad allerdings keinen Wuestensand mehr sehen. «In naechster Zeit dort hinein zu fahren, waere leichtsinnig» , sagt der 32-Jaehrige, den bereits zwei Touren durch den tunesischen Teil der Sahara fuehrten, um Land und Leute buchstaeblich zu erfahren.

«Eine Herausforderung» , nennt Schmal das Hobby der kleinen Wuestenfahrer-Gemeinde, leichtsinnig sei dort seiner Meinung nach kaum jemand. Die Fahrer sind sich der Risiken bewusst. Da diese bekannt sind, koennten sie durch peinlich genaue Vorbereitung auf die Tour minimiert werden, meint er: «Planung ist da alles.» Die Vorbereitungen dauern in der Regel ein halbes Jahr.

Beschriftung in Kyrillisch

Seine letzte Afrika-Tour im Jahr 2002 fuhr er in einer Neunergruppe. Ueblich sind Vierergruppen. Die Maschinen – mit dem Satelliten-Navigations-System GPS ausgestattet – haetten ohne Probleme in der Gruppe repariert werden koennen, «selbst unter widrigsten Bedingungen» , sagt der Cottbuser Informatiker, der von Beruf Experte fuer Sicherheitssysteme in Computernetzen ist. Zur besseren Orientierung hatten sie sich die Sahara-Fahrer russische Generalstabskarten besorgt. «Die Beschriftung war kyrillisch» , erinnert sich Schmal. An die koerperlichen Grenzen ist er damals gekommen. Obwohl es keine wirklich gefaehrlichen Zwischenfaelle gab. Zehn Kilo Koerpergewicht hatte er nach drei Wochen verloren. Der Sand sei einfach ueberall gewesen, sagt der Motorrad-Fan. Dabei duerfe man sich die Reise nicht wie eine Rallye vorstellen: «Das ist nicht Paris-Dakar.» Die Wuestenfahrer sind nach seinen Erfahrungen eher gemaechlich unterwegs, «weil du einfach aus Vorsicht sehr defensiv faehrst» . Auch sei ihm niemand bekannt, der Fossilien oder andere archaeologische Funde aus der Wueste mitnehme, wie es den Abenteuer-Touristen gelegentlich vorgeworfen wird. «Beim Fahren ist einfach jedes Gramm zu viel. Im Gepaeck ist nur das Noetigste.» Klar sei aber auch: «Es ist alles wie im richtigen Leben.» Schwarze Schafe gibt es wohl ueberall. Mit leuchtenden Augen erzaehlt er von der Stille und dem Sternenhimmel, der sich den Wuestenreisenden in der Nacht zeigt. Die Faszination der Abgeschiedenheit, dem Gefuehl, eine Gegend zu betreten, die noch niemand vorher sah, fernab des Tourismus-Rummels, ist es, die suechtig machen kann. Um dann doch den entscheidenden Schritt zu weit zu gehen? Schmal kann sich das nicht vorstellen. Man passe untereinander auf sich auf und «die Fahrer wissen, wenn es besser ist umzukehren» . Ausserdem haetten gerade die Motorradfahrer einen leichteren Stand. Schon bei seinen Fahrten in die Wueste tuschelten die Fahrer von Ueberfaellen. Doch bei diesen Geschichten ging es immer um Autos, auf die die Banditen in der Wueste scharf waren. «Der Verkauf von Jeeps bringt den Banden schnell Geld ein. Mit Motorraedern koennen die nichts anfangen» , erklaert er.

Je weiter weg, desto freundlicher

Zudem sei der Aufwand hoeher, wenn eine Bande eine Gruppe Motorradfahrer schnappen wolle. «Das ist wie einen Bienenschwarm einzufangen.» Hinzu komme ein hoher logistischer Aufwand, eine ganze Gruppe in der Wueste zu versorgen. Seine Begegnungen mit Einheimischen waren indes durchweg positiv: «Je weiter weg vom Tourismus, desto freundlicher begegnen einem die Menschen» , sagt er. Manchmal tauchten Nomaden aus dem Nichts auf, «dann sprichst du halt ein paar Brocken in der Landessprache zur Begruessung» . In naechster Zeit braucht Schmal allerdings nun keine arabischen Vokabeln mehr zu pauken.

Herausforderung im Osten

Doch der begeisterte Motorradfahrer hat schon neues Gelaende ausgemacht: «Mit der Maschine tief in den Osten fahren ist auch eine Herausforderung.»

Aktuell Verhandlungen um Befreiung der Sahara-Geiseln

Zur Befreiung der noch immer verschleppten 15 Sahara-Touristen, darunter zehn Deutsche, werden nach Informationen des Rundfunksenders Radio France Internationale (RFI) weiter Loesegeldverhandlungen gefuehrt. Diese sollen demnach auch zur Freilassung der 17 Geiseln am Dienstag gefuehrt haben. Es habe bei der Befreiung „keinen Sturmangriff gegeben und schon gar keine Opfer“ hiess es unter Berufung „auf algerische und auf Schweizer Quellen“. Der algerische Generalstab hatte hingegen mitgeteilt, Eliteeinheiten haetten die 17 Geiseln nach einem kurzen Sturmangriff befreit. Auch einige heimgekehrte Geiseln berichteten von einem Feuergefecht.

Von Jan Selmons, Artikel vom 17.05.2003 in der Lausitzer Rundschau